Die renommierte iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi hat trotz widriger Umstände aus dem Evin-Gefängnis in Teheran einen eindringlichen Brief veröffentlicht. In diesem dokumentiert sie ihre Standpunkte zu den gegenwärtigen Entwicklungen in ihrem Heimatland. Unbeeindruckt von verschärften Sicherheitsmaßnahmen und den offenkundigen Versuchen des iranischen Regimes, sie zum Schweigen zu bringen, gibt Mohammadi in ihrem Schreiben Ausdruck ihrer Überzeugungen und Hoffnungen für das iranische Volk.
Anlässlich des vierten Jahrestags der blutigen Proteste im November 2019, besser bekannt als “Blutiger November 2019”, bei denen über 1.500 Menschen durch Sicherheitskräfte des Regimes ihr Leben verloren, ermutigt Mohammadi in ihrem Brief dazu, den Kampf für Freiheit und gegen Tyrannei fortzusetzen. Trotz der physischen Barrieren des Gefängnisses würdigt sie den Widerstand gegen das religiöse Regime und unterstreicht die anhaltende Opposition im Land.
Zusätzlich hebt die Friedensnobelpreisträgerin die bedeutende Rolle der Frauen im fortwährenden Widerstand hervor. Mohammadi betont, dass die Frauenbewegung “Frauen, Leben, Freiheit” als Reaktion auf die blutigen Ereignisse im November 2019 entstanden ist. Trotz drastischer Sicherheitsbeschränkungen und Repressalien erklärt sie unerschütterlich: *”Gefängnismauern behindern oder halten mich nicht auf. Mit einem Herzen voller Liebe, Hoffnung und Lebenskraft werde ich weitermachen auf dem Weg, der zu Frieden, Demokratie und Freiheit führt.”*
Der Brief wirft zudem ein Schlaglicht auf die Lage der Frauen im Iran, den Mohammadi als „Tötungsmaschine der Frauen” bezeichnet. Sie macht auf die Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen und ein kürzlich erlassenes Gesetz aufmerksam, das die Strafen für Verstöße gegen die Kleiderordnung verschärft. Diese Maßnahmen verdeutlichen die fortwährende Einschränkung der Frauenfreiheit in der Islamischen Republik.
In den Fokus rückt ebenso die Tatsache, dass eine erhebliche Anzahl von Frauen innerhalb ihrer eigenen Familien Opfer von Gewalttaten wird. Gemäß Informationen der iranischen Zeitung Al-Sharq wurden zwischen Juni 2021 und Juni 2023 mindestens 165 Frauen durch ihre Angehörigen getötet.
Große Verhaftungswelle im Iran nach dem Fall von Mahsa Amini
Die Verhaftungswelle im Iran hat nach dem tragischen Vorfall um die junge kurdisch-iranische Frau Gina (Mahsa) Amini an Intensität gewonnen. Angesichts der befürchteten Massenproteste von Frauen im Iran haben die Behörden in diesem Jahr mindestens zwölf Aktivisten an einem Tag festgenommen, so berichtet Human Rights Watch. Der Druck auf friedliche Oppositionelle hat sich vor dem Jahrestag der weitreichenden Proteste von 2022, die das ganze Land erfassten, merklich verschärft.
Die iranischen Behörden reagierten mit Härte auf die regierungsfeindlichen Proteste, die ausbrachen, nachdem die 22-jährige Mahsa (Jina) Amini am 16. September 2022 willkürlich von der Moralpolizei in Gewahrsam genommen wurde. Der tragische Vorfall führte zu Hunderten von Todesfällen und Tausenden von Verhaftungen von Demonstranten.
Tara Sepehrifar, leitende Iran-Forscherin bei Human Rights Watch, kommentierte die jüngsten Entwicklungen: „Die iranischen Behörden folgen ihrem üblichen Muster und üben im Vorfeld des Todestages von Mahsa Amini maximalen Druck auf friedliche Gegner aus. Die willkürlichen Verhaftungen Dutzender Aktivisten zielen darauf ab, die Unzufriedenheit der Bevölkerung zu unterdrücken, während weiterhin Straffreiheit für Bestrafung und Menschenrechtsverletzungen herrscht.“