Al-Hasaka – Eva Amin
Eine verheerende Attacke der ISIS-Terrorzellen im Januar 2022 hat das Leben der Bewohner von Al-Hasaka im Nordosten Syriens tiefgreifend beeinflusst. Die Terroristen richteten ihren Angriff auf das Al-Sina’a-Gefängnis, in dem zu diesem Zeitpunkt rund 5.000 inhaftierte Mitglieder der Organisation untergebracht waren.
Khamisa Al-Hassan, eine 52-jährige Bewohnerin des Viertels “Ghawiran”, schildert in einem Interview mit der Medienplattform Target die dramatischen Ereignisse. Nach dem Angriff und den darauffolgenden Konfrontationen sah sie sich gezwungen, für fünfzehn Tage zu fliehen und kehrte erst nach der Übernahme der Sicherheitskontrolle durch die Demokratischen Kräfte Syriens zurück. Dabei entdeckte sie, dass ihr Haus, in dem eine zehnköpfige Familie lebte, vollständig dem Erdboden gleichgemacht war.
Der Angriff vom 20. Januar 2022 fand statt, nachdem die Demokratischen Kräfte Syriens und die Internationale Koalition erfolgreich die letzten Rückzugsorte der Terrororganisation in Deir ez-Zor liquidiert hatten. Gleichzeitig kam es im Al-Sina’a-Gefängnis zu intensiven Auseinandersetzungen, die mehrere Tage andauerten. Die “SDF” gab schließlich bekannt, dass sie den Angriff erfolgreich abgewehrt und die Unruhen am 31. Januar 2022 beendet hatten.
Die Demokratischen Kräfte Syriens berichten von schwerwiegenden Folgen des Angriffs: Der Verlust von 121 Menschen, darunter Zivilisten, Soldaten und Gefängniswärter. Zusätzlich wurden mehr als 340 Mitglieder der Terrororganisation ISIS ermordet, während etwa 40 weitere die Flucht ergriffen.
Die Anwohner von Al-Hasaka stehen vor den Trümmern ihrer Existenz und kämpfen darum, nach diesem traumatischen Vorfall ihre Leben wieder aufzubauen.
Bewohner leben in ständiger Angst vor erneuten ISIS-Angriffen
Unter den Bewohnern des Viertels „Ghawiran” in Al-Hasaka herrscht angesichts anhaltender Bedrohungen durch ISIS eine spürbare Besorgnis. Maryam Al-Salmo, 45 Jahre alt und Einwohnerin dieses Viertels, berichtet von einer konstanten Angst, insbesondere um die Sicherheit ihrer Kinder. Diese Sorgen haben ihren Ursprung im jüngsten Angriff auf das Al-Sina’a-Gefängnis durch ISIS-Zellen.
Nach dem ersten Tag des Angriffs wurden zahlreiche Bewohner aus der Nachbarschaft in sicherere Viertel vertrieben. Die Rückkehr gestaltete sich für viele schockierend, da Dutzende Häuser durch gewaltsame Auseinandersetzungen, initiiert durch ISIS-Mitglieder, zerstört worden waren.
Maryam schildert eine besonders beängstigende Nacht vor wenigen Tagen, als eine Rakete das Al-Sinaa-Gefängnis traf. Die Wiederholung des Szenarios des Gefängnisangriffs vor zwei Jahren befürchtet sie zutiefst. Am 17. Januar dieses Jahres setzten die syrischen Demokraten eine Rakete ein, um einen Fluchtversuch inhaftierter Mitglieder im Al-Sinaa-Gefängnis zu vereiteln.
Die 60-jährige Noura Al-Salem aus dem Viertel „Ghawiran” schildert gegenüber der Plattform „Target” die wachsenden Herausforderungen angesichts verschlechternder Lebensbedingungen und erheblicher Folgen für den Wiederaufbau ihrer zerstörten Häuser. Die steigenden Preise für Baumaterialien zwingen sie und andere Bewohner möglicherweise dazu, längere Zeit in Mietwohnungen zu verweilen, deren Eigentümer ihre Mietpreise aufgrund der anhaltenden Abwertung des syrischen Pfunds gegenüber ausländischen Währungen ständig erhöhen.
Das Viertel „Ghawiran und Al-Zuhur”, südlich der Stadt Hasaka gelegen, gilt als besonders von Zusammenstößen mit Terrorzellen des IS betroffen. Diese infiltrierten die Häuser von Zivilisten in den beiden Vierteln während des als größter Angriff geltenden Vorfalls. Seit ihrer militärischen Eliminierung durch die Demokratischen Kräfte Syriens und die Internationale Koalition in der Stadt Al-Baghouz im März 2019, verweisen Bewohner wie Khamisa, Maryam und Noura auf die anhaltenden Schwierigkeiten und das Versagen humanitärer Organisationen.
Die Beschwerden erstrecken sich über das mangelnde Eingreifen der Organisationen, die nicht angemessen auf ihre Leiden reagieren, und die fehlende Unterstützung beim Wiederaufbau zerstörter Häuser. Dies ist besonders problematisch für Familien mit begrenztem Einkommen, die auf Handarbeit angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dutzende Bewohner der Stadtteile “Ghawiran und Al-Zuhur” in Al-Hasaka teilen diese Frustration und hoffen auf dringende Hilfe, um die drängenden Herausforderungen zu bewältigen.
Das Dilemma der ISIS-Gefängnisse
In der Stadt Al-Hasaka steht das Al-Sinaa-Gefängnis repräsentativ für die Herausforderungen, die sich aus der Inhaftierung ehemaliger ISIS-Mitglieder in Syrien ergeben. Trotz der militärischen Niederlage der Organisation sind mehrere Einrichtungen, darunter das kürzlich freigelegte „Alaya“-Gefängnis in Qamischli, weiterhin mit Gefangenen konfrontiert. Im Dezember letzten Jahres wurden diese Einrichtungen durch einen türkischen Bombenanschlag gefährdet, der lebenswichtige Infrastrukturen und Dienstleistungseinrichtungen in der Region zerstörte.
Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien appelliert wiederholt an die internationale Gemeinschaft, eine Lösung für die Inhaftierten zu finden. Dabei wird vorgeschlagen, entweder in der Region Gerichtsverfahren abzuhalten, sofern Zeugen und Beweise für begangene Verbrechen vorliegen, oder Staatsangehörige zurückzunehmen und die Verantwortung zu übernehmen. Die potenzielle Flucht dieser Individuen stellt eine unmittelbare globale Bedrohung dar, weshalb dringendes Handeln erforderlich ist.