Unzureichender Schutz: Vertriebene im Nordwesten Syriens leiden unter Regenfällen

Im Nordwesten Syriens verschärft sich die Notlage Tausender Vertriebener durch heftige Regenfälle, die ihre Zelte in den Al-Amin-Lagern durchfluten. Jedes Jahr, mit dem Einsetzen des Winters und der begleitenden Niederschläge, intensiviert sich das Leid dieser Menschen, die sich in einem ständigen Kampf gegen eindringendes Regenwasser befinden. Ihre Zeltunterkünfte sind nicht nur abgenutzt, sondern bieten auch keinen angemessenen Schutz vor den extremen Witterungsbedingungen – sei es die gnadenlose Hitze des Sommers oder die klirrende Kälte des Winters.

Das Al-Amin-Lager, angesiedelt im Kafr-Arouq-Gebiet im nördlichen Umland von Idlib, beherbergt tausende syrischer Familien, die aus verschiedenen Regionen vertrieben wurden. Bestehend aus mehreren Lagern, wird dieses Areal im Winter zu einem Ort des Elends, als wären die Zelte der Bewohner regelrecht offen. Wiederholt werden sie von Überschwemmungen heimgesucht, verursacht durch anhaltende Regenfälle. Die geografische Lage des Lagers am Hang eines Abhangs macht es besonders anfällig für Ströme, die von den angrenzenden Bergen herabfließen.

Kampf gegen Winterkälte und Überschwemmungen

Im Al-Amin-Lager, das Heimat für zahlreiche Vertriebene bietet, eskaliert die humanitäre Krise angesichts der anhaltenden Winterunbilden und heftiger Regenfälle. Bassam Safouh, einer der betroffenen Bewohner, berichtet gegenüber der Medienplattform “Target” über die entbehrungsreiche Realität im Lager.

Die in die Jahre gekommenen Zelte, die als einzige Schutzmöglichkeit dienen, sind in einem desolaten Zustand. Safouh betont, dass sich die Lebensbedingungen seit vier Jahren nicht verbessert haben. “Die Zelte sind abgenutzt, und die Menschen haben keine Mittel, Lebensmittel zu erwerben. Die Situation im Zelt gleicht einer mühsamen Überlandreise”, erklärt er. Die Bewohner verbrachten sogar die letzte Nacht schlaflos, da sie fürchteten, dass eindringendes Wasser die Zelte flutet – eine akute Gefahr, insbesondere für die zahlreichen Kinder im Lager.

Abdul Ghani Lattouf, ein weiterer Vertriebener, klagt über die prekäre Lage: “Die Zelte sind vollkommen abgenutzt, es gibt keine Heizung, und die verteilten Heizmaterialien reichen nicht für Wochen.” Im Gespräch mit “Target” schildert er, dass die Bewohner die vergangene Nacht im Regen verbrachten, da die abgenutzten Zelte keinen ausreichenden Schutz mehr bieten. Besorgniserregend ist zudem die geografische Lage des Lagers in einem Tal zwischen Klippen, wodurch Hochwasser ungehindert auf das Lager zuströmt und die Zelte bedroht.

Die nordwestlichen Regionen Syriens sind seit einer Woche von heftigen Regenfällen und Überschwemmungen betroffen. Dies hat nicht nur zu erheblichen Zerstörungen in Küstendörfern geführt, sondern auch die Bewohner der Lager in den tief gelegenen landwirtschaftlichen Flächen und Tälern der Idlib-Region in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Notrufe werden laut, da die Betroffenen befürchten, dass anhaltender starker Regen zu weiteren katastrophalen Überflutungen führen könnte.

Fehlende Grundausstattung bedroht Überleben

Im Nordwesten Syriens kämpfen Millionen Vertriebene nicht nur gegen den Schatten des Krieges, sondern auch gegen eine bedrohliche Realität: Ihre Lager wurden überstürzt und ohne die nötige Ausrüstung errichtet, um den unbarmherzigen Wetterkapriolen zu trotzen. In diesen scheinbar provisorischen Zufluchtsorten, aufgebaut in hügeligen Gefilden, droht bei jedem Regen die Gefahr des Ertrinkens.

Mustafa Al-Ahmad, Administrator des Al-Amin Camps Gathering, erklärte gegenüber „Target“, dass diese Versammlung vor etwa vier Jahren ins Leben gerufen wurde und aus mehreren Lagern besteht, darunter Aqaba, Al-Ikhlas, Al-Sadaqa, Al-Khair, Al-Hijrah, Al-Haraqat und Sheikh Idris. Etwa 3.000 Familien sind in dieser Versammlung untergebracht. Al-Ahmad betonte, dass die Bewohner unter wiederholten Überflutungen ihrer Zelte jeden Winter leiden, da die Zelte abgenutzt sind und das Lager in einem wasserführenden Tal liegt, das Wasser aus den umliegenden Bergen aufnimmt.

Weiterhin veröffentlichte im vergangenen Jahr die Organisation „Syria Response Coordinators” einen aufschlussreichen Bericht, der die brisante Lage der Flüchtlingslager im Nordwesten Syriens beleuchtet. Nach ihren Erhebungen existierten insgesamt 1.633 Lager, die von rund einer Million Menschen bewohnt wurden. Innerhalb dieser Zahl waren 812.000 Menschen in 514 improvisierten Lagern untergebracht, in denen mehr als 311.000 Menschen Zuflucht fanden. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass sich unter den Bewohnern etwa eineinhalb Millionen Kinder und Frauen befinden.

Der Bericht unterstreicht eklatante Mängel in der humanitären Hilfe für die Vertriebenen. Im Bereich Ernährungssicherheit und Lebensunterhalt betrug das Defizit mehr als 56 Prozent, im Wasser- und Sanitärsektor über 67 Prozent und im Gesundheitsbereich sogar über 86 Prozent. Die Vertriebenen stehen vor erheblichen Herausforderungen, darunter eine ungesunde Umwelt in den Lagern, die Gefahr der Verschmutzung, insbesondere in informellen Lagern, sowie die Ausbreitung offener Abwassergruben. Einkommenseinbußen, Kinder, die keine Schule besuchen können, und der anhaltende Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser und Gesundheitsversorgung verschärfen die prekäre Situation.

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