Warum eskaliert die Türkei gegen Nordsyrien?.

Die jüngsten Angriffe der Türkei auf Dienstleistungseinrichtungen und Infrastruktur in Nord- und Ostsyrien haben eine Welle der Empörung ausgelöst. Lokale, offizielle und parteipolitische Reaktionen ließen nicht auf sich warten. Auf den Straßen brachen Proteste aus, die eine klare Botschaft gegen die aggressiven Aktionen aussandten und gleichzeitig dringend internationale Maßnahmen zur Beendigung der Offensive forderten. In hochkarätigen Konferenzen gaben Institutionen und Parteien unmissverständlich zu verstehen, dass die Angriffe auf lebenswichtige Einrichtungen in der Region umgehend gestoppt werden müssen.

Eine geballte Front von 96 syrischen Einrichtungen, Organisationen sowie Bürger- und Menschenrechtsinstitutionen, darunter namhafte Vertreter wie das Syrische Netzwerk für zivilen Frieden und Gemeinschaftssicherheit, die Syrische Plattform für Nichtregierungsorganisationen, das Syrische Zentrum für Frieden und Menschenrechte, die Menschenrechtsorganisation in Syrien und Die Organisation zur Verteidigung gewaltloser politischer Gefangener in Syrien, veröffentlichte eine gemeinsame Erklärung, die die türkischen Angriffe scharf verurteilte. Der Appell war klar: sofortiges Ende der Angriffe auf Infrastruktureinrichtungen im Norden und Osten Syriens sowie unverzüglicher Abzug der türkischen Armee aus syrischem Territorium.

Der Rat für soziale Gerechtigkeit in der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens sowie die Partei der Zukunft Syriens erheben klare Anklagen gegen die Türkei. In ihren kürzlich veröffentlichten Erklärungen verurteilen beide Parteien nachdrücklich die türkischen Bombardierungen von Dienstleistungseinrichtungen und lebenswichtigen Strukturen in der Region. Die Forderung nach internationaler Intervention, um diesen Angriffen Einhalt zu gebieten, steht im Zentrum ihrer Appelle.

Joan Mulla Ibrahim, Leiter der Medienabteilung in der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens, bringt die prekäre Lage auf den Punkt: „Die Ziele der türkischen Besatzung sind vor allem Dienstleistungseinrichtungen, darunter Ölanlagen und -stationen zur Treibstoffversorgung. Insbesondere in der Stadt Qamischli sind Elektrizitätswerke betroffen. Angesichts der anhaltenden Bombenangriffe gestaltet sich eine genaue Schadensbilanz derzeit schwierig. Ein spezielles Komitee wird daher eingesetzt, um die Auswirkungen dieser Angriffe zu erfassen.“

Syrien kämpft mit den Folgen von Luftangriffen – Über 2.600 Siedlungen ohne Strom

Die anhaltenden Luftangriffe auf Kraftwerke in Syrien haben weitreichende Konsequenzen für die Energieversorgung des Landes. Nach Angaben von Mulla Ibrahim sind mehr als 2.600 Dörfer und Städte derzeit von einem erheblichen Stromausfall betroffen. Dies geht einher mit einem Rückgang der Treibstoffzufuhr für Heizungen und der Schließung mehrerer Brunnen, was wiederum die medizinische Versorgung beeinträchtigt. Besonders schwerwiegend ist die Lage in Schlüsselinstitutionen wie dem “Covid”-Krankenhaus in Qamischli, dem Dialysekrankenhaus und der Sauerstoffflaschenfabrik, die Hunderten von Patienten den lebensnotwendigen Sauerstoff entzieht.

Syrische Menschenrechtsorganisationen unterstreichen, dass solche Angriffe gemäß internationalen Gesetzen als Kriegsverbrechen gelten. Dies schließt nicht nur die Zerstörung von Infrastruktur, sondern auch lebenswichtige zivile Einrichtungen und Angriffe auf Zivilisten ein. Die Verantwortlichen für diese Taten müssen vor internationalen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden.

Türkische Offensive in Syrien – Politisches Kalkül auf dem Rücken der Zivilbevölkerung

Im aktuellen Eskalationsgeschehen der türkischen Angriffe auf Syrien sieht der stellvertretende Leiter der Medienabteilung der Autonomieverwaltung eine klare Agenda: Die Sicherheit und Stabilität der Region sollen destabilisiert, die Wirtschaft beeinträchtigt und das Leid der Bevölkerung verschärft werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund innerer Unruhen in der Türkei, insbesondere im Kontext der bevorstehenden Kommunalwahlen und dem fortgesetzten Zusammenbruch der türkischen Lira. Die Türkei versucht dabei geschickt, ihre innerpolitischen Herausforderungen durch diese militärische Offensive zu externalisieren und präsentiert sie der Weltöffentlichkeit unter verschiedenen Tarnungen als vermeintliche Siege.

Dieser strategische Schachzug steht jedoch in deutlichem Widerspruch zu internationalen Normen und Konventionen. Der stellvertretende Leiter betont, dass die laufenden Angriffe klare Kriegsverbrechen gegen die Bewohner der nördlichen und östlichen Region Syriens darstellen. Die Autonomieverwaltung informierte seit Beginn der Bombardierungen die Garanten des Waffenstillstandsabkommens – sei es die internationale Koalition oder Russland – über den Verlauf der Ereignisse und die schwerwiegenden Auswirkungen auf die Region. Das anhaltende Schweigen dieser Akteure wird als Zustimmung zu den fortgesetzten Bombenangriffen interpretiert, was internationalen Standards zufolge als klare Missachtung völkerrechtlicher Normen gilt.

Seit dem 5. Oktober des vergangenen Jahres starteten türkische Flugzeuge koordinierte Angriffe, die sich über einen Zeitraum von etwa zehn Tagen erstreckten. Die Ziele dieser Attacken waren zahlreiche Service- und lebenswichtige Einrichtungen sowie Energie-, Strom- und Wasserwerke in Städten wie Al-Hasaka, Qamischli, Amuda, Al-Qahtaniyah/Turbat Spiyeh, Al-Malikiyah/Dirk, Kobani und anderen Gebieten. In der Folge verloren 47 Menschen ihr Leben, weitere 59 wurden verletzt. Die Auswirkungen dieser Angriffswelle führten dazu, dass sämtliche Zielgebiete außer Betrieb waren und in Dutzenden von Gebieten Strom- und Wasserversorgung unterbrochen wurden. Die finanziellen Verluste, die durch die Bombardierung entstanden, beziffert die Autonomieverwaltung auf mehr als eine Milliarde Dollar.

Türkei trägt zur Eskalation der Syrien-Krise bei

Die bereits angespannte Situation in Syrien verschärft sich weiter durch das aktive Eingreifen der Türkei, so die Aussagen von Samira Al-Aziz, stellvertretende Sprecherin des Allgemeinen Frauenrates in der Partei der Zukunft Syriens. Seit dem Beginn der syrischen Revolution im Frühjahr 2011 scheint die Türkei nicht nur untätig der Krise gegenüberzustehen, sondern trägt aktiv dazu bei, sie zu verlängern, indem sie ihre internen Probleme ins Ausland exportiert.

Besonders in der Kritik stehen die jüngsten Angriffe der Türkei, die sich auf lebenswichtige Einrichtungen und zivile Ziele konzentrieren. Diese Angriffe haben nicht nur ernsthafte Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft, sondern zielen auch auf private Orte von Zivilisten ab, die keiner militärischen Einheit angehören.

Im Fadenkreuz der türkischen Angriffe befinden sich kritische Infrastrukturen wie Elektrizitätseinrichtungen, Krankenhäuser sowie Druckereien und Fabriken. Diese neuesten Aktionen setzen einen Trend fort, der sich seit 2016 durch die Militäroperationen der Türkei in Gebieten wie Jarabulus, Al-Bab, Afrin, Ras Al-Ayn/Serê Kaniyê und Tal Abyad/Girê Spiyê abzeichnet.

**Al-Aziz warnt vor weiterer Destabilisierung durch türkische Angriffe in Nord- und Ostsyrien**

Die stellvertretende Sprecherin Samira Al-Aziz hebt hervor, dass die jüngsten Angriffe der Türkei darauf hindeuten, dass sie alle Karten zerstört hat. Dies werde als Teil ihrer Bestrebungen gesehen, den Einfluss in den Regionen Nord- und Ostsyriens zu erweitern und das lang verfolgte osmanische Projekt durchzusetzen. Dabei strebt die Türkei offenbar die Besetzung des Grenzstreifens von Syrien bis Aleppo an.

Der Frauenrat in der Partei verurteilt diese Aktionen und sieht in ihnen einen klaren Versuch, die Sicherheit und Stabilität zu destabilisieren, die Bevölkerung zu zerschlagen und die Wiederbelebung der Terrororganisation ISIS zu fördern. Die jüngsten Angriffe auf ein Gefängnis mit Dutzenden von ISIS-Häftlingen unterstreichen diese Besorgnis.

Angesichts dieser Entwicklungen ruft der Frauenrat die betroffenen Mächte, darunter die Vereinigten Staaten, Russland und die Regierung von Damaskus, dazu auf, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um die türkischen Angriffe zu stoppen. Diese werden als Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit betrachtet.

Die Demokratische Autonomieverwaltung in Nord- und Ostsyrien hat offiziell bestätigt, dass die Türkei unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit gezielt Lebensgrundlagen und Einrichtungen ins Visier nimmt. Dabei handelt es sich um Einrichtungen, die grundlegende Dienstleistungen für die Bevölkerung bereitstellen. Die Türkei versuche demnach, diese zu belagern und auszuhungern, um ihre Ziele zu erreichen.

Die Motivation hinter diesen Aktionen liege laut der Autonomieverwaltung in der Absicht der Türkei, ihren Einfluss in Syrien auszuweiten, neue Gebiete zu besetzen und das langfristige Projekt des demografischen Wandels in der Region abzuschließen. Dieses Projekt verfolge die Türkei seit dem Beginn der Krise in Syrien im Jahr 2011.

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