Der türkische Landwirtschaftsminister Ibrahim Yumakli gab kürzlich eine alarmierende Prognose ab, wonach die Türkei bis zum Jahr 2030 mit Wasserknappheit konfrontiert sein werde. Diese Aussagen haben nicht nur in der Türkei, sondern auch bei den Nachbarländern Syrien und Irak besorgte Reaktionen hervorgerufen. Einige Beobachter zweifeln an der Glaubwürdigkeit dieser Warnung und spekulieren über mögliche politische Motive, insbesondere in Bezug auf die Wasserversorgung für die Bevölkerungen Syriens und des Iraks.
In einem Gespräch mit der Medienplattform „Target” äußerte der renommierte Forscher und Akademiker Dr. Ali Thabet seine Bedenken. Er betonte, dass das Wasserproblem in der Region eine existenzielle Frage darstellt, die Leben und Tod beeinflussen könnte. Experten prognostizieren eine Wasserknappheit im Nahen Osten, und internationale Konventionen sollten die gerechte Verteilung regeln. Allerdings scheint die Türkei ihre eigene Agenda zu verfolgen und die Interessen der flussabwärts gelegenen Länder, insbesondere Syriens und des Iraks, zu vernachlässigen.
Dr. Thabet erklärte, dass die Türkei Druck auf die Menschen in Syrien und im Irak ausübt, die sich ihrer Kontrolle nicht beugen wollen. Insbesondere die kurdische Bevölkerung könnte von einer solchen Wasserknappheit besonders betroffen sein, was nach Ansicht von Experten gegen internationale Gesetze verstoßen würde.
Im Zuge der türkischen Vorherrschaft über die Gewässer hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan das ehrgeizige Ilisiu-Staudammprojekt gestartet. Mit einer Höhe von 530 Metern handelt es sich um den größten je am Tigris errichteten Staudamm. Die Idee dazu entstand bereits in den 1970er Jahren, und seitdem wurden Bedenken hinsichtlich möglicher Umweltauswirkungen und Schäden an kulturellen Stätten in kurdischen Gebieten laut. Besorgniserregend ist vor allem die Befürchtung, dass dieser Staudamm zu einem erheblichen Rückgang des Wasserflusses in den Irak führen könnte, was weitreichende Konsequenzen für die Region hätte.
Weiterhin treibt die Türkei In einer Fortführung ihrer ambitionierten Wasserbauprojekte das Westanatolien-Projekt voran, das aus insgesamt 22 Staudämmen besteht. Die Prognosen des irakischen Ministeriums für Wasserressourcen lassen aufhorchen, da dieses Vorhaben nach Abschluss eine gravierende Krise für den Irak heraufbeschwören könnte.
Aktuell verzeichnet der jährliche Durchschnitt des Tigris einen Wasserfluss von 19,43 Milliarden Kubikmetern, einschließlich der Nebenflüsse, die ihn auf 49,48 Milliarden Kubikmeter steigern. Nach Fertigstellung des Westanatolien-Projekts wird dieser Pegel drastisch auf 8,45 Milliarden Kubikmeter zurückgehen. Ähnlich wird der Euphrat, der derzeit 30,3 Milliarden Kubikmeter Wasser führt, erwartungsgemäß auf 9,16 Milliarden Kubikmeter abnehmen. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass Ankara beinahe die vollständige Kontrolle über beeindruckende 80 % des Wassers haben wird – eine Entwicklung mit potenziell verheerenden Folgen für den Irak und Syrien, da Dürre und Wüstenbildung drohen.
Mahmoud Khoshnaw, führender von der Partei „Patriotische Union Kurdistans“ im Irak, äußerte gegenüber der Medienplattform „Target“ seine Skepsis bezüglich der Wasserproblematik in der Türkei. Er plädiert für eine faire Aufteilung der Wasseranteile und die Einhaltung internationaler Regelungen durch alle beteiligten Länder. Khoshnaw warnte davor, die Wasserfrage als politisches Druckmittel zu instrumentalisieren und unterstrich die Bedeutung stabiler Nachbarschaftsbeziehungen.
Der Euphrat, der seine Quelle in der Türkei hat und über 610 km durch Syrien verläuft, bevor er auf einer Strecke von 1.160 km den Irak durchquert, ist seit den 1960er Jahren Gegenstand türkischer Staudammprojekte. Im Jahr 2021 wurde erstmals ein historischer Rückgang des Euphratpegels um 5 Meter verzeichnet, eine Entwicklung, die laut einem Bericht des deutschen Senders „Deutsche Welle“ das Leben von Millionen Menschen in Syrien und dem Irak gefährdet. Diese jüngsten Entwicklungen werfen nicht nur Fragen zur Wasserversorgung in der Region auf, sondern stellen auch bestehende internationale Abkommen zur gerechten Wasserverteilung infrage.