Die Türkei, das Assad-Regime und der Iran einigen sich über Deir ez-Zor. Wie ist das möglich?
Die Türkei, das Assad-Regime sowie der Iran sind derzeit keine Feinde, wo es gemeinsame Interessen, Ziele und Pläne gibt. Dies betrifft vor allem Nord- und Ostsyrien, wo alle Parteien feindlich gegenüber der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (kurz: AANES) aufgestellt sind.
Aktuell betrifft dies die Region um Deir ez-Zor im Osten Syriens, wo es rasante Entwicklungen gibt. Kürzlich wurde der Kommandeur des Militärrats von Deir ez-Zor, einer mehrheitlich arabischen Gruppierung innerhalb der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), wegen Machtmissbrauchs gemeinsam mit vier weiteren Personen abgesetzt und verhaftet. Dies führte in der Region zu einigen kleineren Unruhen.
Einige Kräfte wollen nun die Gewalt ausnutzen, die im ländlichen Deir Ez-Zor, in einem Gebiet, das die größten Stützpunkte der Internationalen Koalition in Ostsyrien umfasst, stattfand.
Sofort entsandten Vertreter und Stimmen der verschiedenen Mächte Botschaften, was die Situation in Deir ez-Zor anging.
Nawaf al-Bashir, ein Scheich des Stammes der al-Bakara und Milizenführer der sogenannten „Stammes-Löwen“, die den iranischen Revolutionsgarden nahestehen, meldete sich als einer der ersten zu Wort. Er sagte, dass die Gebiete im Umland von Deir ez-Zor zu einem späteren Zeitpunkt unter die Kontrolle der unzufriedenen Stämme geraten würden. Regierungsinstitutionen würden es dann betreten, um es zu verwalten und die „syrische Souveränität“ über Deir ez-Zor wiederherzustellen.
Medienquellen berichteten auch, dass Firas al-Jaham, der Kommandeur der “National Defense Forces” (NDF), einer regierungsnahen Miliz, in Deir Ez-Zor
Ausrüstung für eine Gruppe von Kämpfern für den Übergang zum gegenüberliegenden Ufer des Euphrats bereitgestellt haben soll. Das Gouvernement Deir ez-Zor gehört östlich des Euphrats zur Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, wo die Unruhen derzeit stattfinden. Mit der Ausrüstung sollen einige Mitglieder der bewaffneten Stämme und des Militärrats bei der Konfrontation mit den SDF unterstützt werden. Viele Syrer betrachten dieses Vorgehen kontrovers und beschreiben es als seltsam und ironisch, da die Stämme in Deir ez-Zor mehrheitlich gegen das Assad-Regime rebelliert hatten.
Diese Entwicklungen fielen mit der Verbreitung von Videoclips in sozialen Medien zusammen.
Mehrere Aussagen enthielten Drohungen von Gruppen, die behaupteten, sie gehörten den „Stämmen von Deir ez-Zor“ an. Allerdings befinden sie sich in den türkischen Besatzungszonen Syriens, die von pro-Ankara-Oppositionsfraktionen kontrolliert werden. Die Männer forderten die türkischen Streitkräfte auf, ihnen den Zugang zu den Konfliktgebieten zu erleichtern.
Aktivisten bestätigten auch, dass vermehrt Schritte von Personen unternommen werden, die dem Assad-Regime oder dem Iran gegenüber loyal sind.
Darüber hinaus gibt es einen verdächtigen
Zusammenhang mit kursierenden Videos aus Nordwestsyrien, das größtenteils unter türkischer Kontrolle ist.
Die Geschehnisse zeigen eine enge Koordination und Zusammenarbeit zwischen der Türkei, der Regierung von Damaskus und den iranischen Streitkräften. Zusammen üben die verschiedenen Kräfte Druck auf die internationale Koalition aus, indem die Sicherheit und Stabilität in der Region beeinträchtigt wird. Bereits beim letzten Treffen zwischen den drei Akteuren auf staatlicher Ebene und unter der Vermittlung Russlands, wurde ein Abzug der US-Präsenz im Osten Syriens gefordert. Insofern würde sich das gemeinsame Vorgehen decken.
Doch inmitten dieser Ereignisse und Entwicklungen folgte eine Erklärung der Scheichs und “Respektpersonen” der Stämme von Deir ez-Zor. Sie riefen alle Bewohner der Region dazu auf, Zurückhaltung zu üben und sich nicht in die Erzählungen von auswärtigen Kräften hineinziehen zu lassen.
Verschiedene Kanäle und Blätter, die von der Türkei, Katar oder dem Assad-Regime unterstützt werden oder nahe stehen, griffen die Geschehnisse in Deir ez-Zor propagandistisch auf.
Die Scheichs bekräftigten, dass die Entlassung und Rechenschaftspflicht von „Abu Khawla“ auf Treiben und Willen der Stämme selbst erfolgte. In der Erklärung wurde zudem die Einheit zwischen Arabern und Kurden, die gemeinsam gegen den IS kämpfen, hervorgehoben und auch auf die hunderte Jahre alte Koexistenz in der Region hingewiesen.