Türkischer “Super-Gouverneur” für Syrien

Die türkische Regierung plant laut den türkischen Medien einen sogenannten “Super-Gouverneur” für alle besetzten Gebiete in Syrien. Bislang gab es ein System aus sieben “koordinierenden Gouverneuren” für die drei Besatzungsgebiete der Türkei im Norden Syriens, die die türkische Regierung als sogenannte “Sicherheitszonen” betitelt.
In drei verschiedenen Militärmanövern besetzte die Türkei zwischen 2016 und 2019 rund die Hälfte der circa 900 km langen türkisch-syrischen Grenze. Seitdem verwalten dort syrische Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt und bewaffnet werden, im Einklang mit der Besatzungsmacht diese Gebiete. Das besetzte Afrin (kurd. Efrîn) war zum Beispiel bislang verwaltungstechnisch unter der Verantwortung des Gouverneurs der türkischen Provinz Hatay. Politische und wirtschaftliche Fragen wurden in letzter Instanz von diesem entschieden.
Die Besatzungszonen ähneln immer mehr einer türkischen Provinz. Türkisch ist mittlerweile nach Arabisch die zweite Bildungssprache, während Kurdisch aus den Schulen verbannt wurde. Die türkische Währung und staatliche Institutionen sind allgegenwärtig. Insofern ist die Entscheidung, einen Gouverneur für alle Besatzungsgebiete zu ernennen, nur die Folge der türkischen Angliederungspolitik dieser Gebiete, die sie im Rahmen des sogenannten ‘Misak-ı Millî’ (‘Nationalpakt’) als Teil der Türkei betrachten.
In den Besatzungszonen kommt es zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die mehrfach dokumentiert und thematisiert wurden. Die mehrheitlich kurdische Bevölkerung an der Grenze zur Türkei wird dabei gezielt unterdrückt und vertrieben. So wurden allein aus Afrin mehr als 300.000 Kurden vertrieben und mit mehr als 500.000 ortsfremden Flüchtlingen und Familienmitgliedern von den bewaffneten Oppositionsgruppen ersetzt. So sank der Anteil der kurdischen Bevölkerung von über 90 % auf unter 30 %. Der türkische Präsident Erdogan kündigte kürzlich bei einer Rede in Ankara an, dass mit Hilfe aus Katar Wohnungen für eine Million Menschen in diesen Gebieten entstehen würden, sodass eine Million syrische Flüchtlinge aus der Türkei demnächst in diese Gebiete ziehen könnten.

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