Türkei will mit “Aleppo-Modell” mehr syrische Flüchtlinge abschieben

Die türkische Regierung kündigte kürzlich an, das sogenannte “Aleppo-Modell” für die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge von der Türkei nach Syrien umsetzen zu wollen. Nach der Aufforderung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, einen Plan für die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge zu entwickeln, handelten das türkische Innenministerium sowie die Fraktion und die Parteiführung der regierenden AKP ein Modell aus.

Laut den ersten Angaben sollen die Projekte der türkischen Regierung in den sogenannten “Sicherheitszonen”, die de facto türkische Besatzungszonen im Norden Syriens darstellen, auch anderswo angewendet werden. Dabei steht die ehemalige Handelsmetropole Syriens, Aleppo, im Mittelpunkt der Überlegungen. Laut türkischen Medien https://www.sabah.com.tr/dunya/eve-donuste-kazan-kazan-donemi-baskan-erdogan-talimat-verdi-siginmacilara-halep-modeli-6584496

 sei die türkische Regierung für diese Überlegungen bereits in Kontakt mit Syrien und Russland.

Das Modell sieht vor, dass Flüchtlinge in einzugsfertige Häuser und Wohnungen ziehen und ihnen dabei Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Außerdem soll eine funktionierende Infrastruktur mit Krankenhäusern und Schulen aufgebaut werden. Die nötigen Bauarbeiten sollen mit katarischer Hilfe erfolgen. Für die Arbeitsplätze sollen vor allem Geschäftsleute und Unternehmen aus den angrenzenden Gebieten der Türkei sorgen, wobei die Millionenmetropole Gaziantep im Vordergrund steht. Wenn Aleppo wie einst zur Handelszentrale werde, dann würde die Rückkehr der syrische Flüchtlinge erleichtert und eine sichere Zukunft gegeben werden, so der Gedanke hinter dem Plan.

Doch hinter dem Plan steht auch eine andere Wahrheit. Die Türkei schiebt bereits fast täglich eine dreistellige Anzahl von syrischen Flüchtlingen in ihre besetzten Gebiete in Syrien ab. Dabei nennt die Türkei diese Praxis “freiwillige Rückkehr”, obwohl viele der Abgeschobenen berichten, dass sie gezwungen wurden und gar nicht aus der Region stammen.

Im Norden Syriens ist vor allem die kurdische und christliche Bevölkerung Syriens heimisch. Die Türkei möchte ihre Grenzen gezielt von der einheimischen Bevölkerung entvölkern und diese mit arabischen Flüchtlingen ersetzen, um ein zusammenhängendes kurdisches Siedlungsgebiet über die Grenzen hinaus zu verhindern. In Afrin, das seit 2018 von der Türkei besetzt gehalten wird, sank der Anteil der Kurden von über 90 % der Bevölkerung auf unter 30 %. Mehr als 300.000 Kurden wurden vertrieben, während 500.000 zumeist nichtkurdische Flüchtlinge und Familien der bewaffneten Oppositionsgruppen angesiedelt wurden, darunter auch tausende Palästinenser und andere Nationalitäten. Religiöse Minderheiten existieren in diesen Gebieten genauso wenig, während es vor der türkischen Besatzung bedeutende Gemeinden von verschiedenen christlichen Konfessionen, Eziden oder Aleviten gegeben hat.

In den von der Türkei als sogenannte “Sicherheitszonen” besetzten Gebiete entstanden Dutzende von neuen Siedlungen, an denen die Golfstaaten sowie palästinensische Organisationen beteiligt waren. Obwohl unter anderem auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags von einer “ethnischen Flurbereinigung” sprach und Völkerrechtler die türkische Praxis als illegal einstufen, blieb die internationale Staatengemeinschaft gegenüber den türkischen Verbrechen untätig.

Die türkischen “Sicherheitszonen” wurden zu vielfach dokumentierten Rückzugsorten von Terroristen des IS oder der al-Qaida, in denen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen durch mit der Türkei verbundenen syrischen Oppositionsgruppen zum Alltag gehört.

Während die meisten syrischen Flüchtlinge um eine Rückkehr in ihr Land fürchten, bastelt die Türkei an ihrem nächsten Projekt. In der Türkei herrscht eine große feindliche Stimmung gegenüber Flüchtlingen, die inzwischen auch bei der Anhängerschaft der AKP angekommen ist. Daher versucht die Erdogan-Regierung mit allen Mitteln dieses Problem zu lösen und dabei ihre eigentlichen Interessen in Syrien umzusetzen, obwohl Menschenrechtler diese Praxis kritisieren und vor den Folgen warnen.

 

 

 

 

 

 

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