Mohammed Ismael
Am Dienstag hat die britische Regierung erklärt, dass das, was die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Jahre 2014 dem ezidischen Volk, einer Minderheit im Irak, angetan hat, als Völkermord einzustufen sei. Diese Entscheidung wurde zum neunten Jahrestag zum Gedenken an die Verbrechen getroffen, die der IS an der ezidischen Bevölkerung begangen hat und gilt als Katalysator für die Bemühungen um Gerechtigkeit für die betroffenen Opfer.
Am 3. August 2014 startete die Terrororganisation IS gewaltsame Angriffe auf mehrere Gebiete in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, hauptsächlich auf die Region Şingal (Shengal), das seit Jahrhunderten mehrheitlich von Eziden bewohnt wird. Das führte dazu, dass Angehörige der ezidischen Minderheit der Gewalt dieser tödlichen Organisation ausgesetzt wurden, wobei mehr als 5.000 Eziden massakriert worden sind. Viele Opfer verhungerten und verdursteten aufgrund der verhängten Belagerung und auf der Flucht in der brennend heißen kargen Landschaft. Außerdem wurden viele Frauen gefangen genommen und versklavt. Die überwiegende Mehrheit der Eziden wurde gewaltsam vertrieben.
Die britische Erklärung
Lord Tariq Ahmad, Minister für Angelegenheiten des Nahen Ostens in Großbritannien sagte in einer Erklärung, dass die Eziden vor neun Jahren durch die Terrororganisation IS viel Leid und Schmerz erlitten hätten; Die Auswirkungen dieser Verbrechen seien seiner Meinung nach bis heute vorherrschend.
Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht gegenüber denen, deren Leben zerstört wurde, seien daher eine Pflicht und laut Ahmad hat sein Land nun öffentlich anerkannt, dass das, was geschehen ist, einen Völkermord darstellt, und dies als „historische Anerkennung“ getan.
Der britische Politiker wies darauf hin, dass diese Entscheidung den Wunsch widerspiegele, das ezidische Volk so zu entschädigen, wie es es verdiene, und dass Gerechtigkeit für sie erreicht werde. Er bekräftigte ferner das anhaltende Engagement des Vereinigten Königreichs für den Aufbau von Gesellschaften, die von der Terrorherrschaft des IS betroffen waren, und betonte auch, dass das Land weiterhin die internationalen Bemühungen anführen werde, die darauf abzielen, den Propagandakampagnen der Organisation entgegenzutreten, die zum Ziel haben andere zu erreichen und einer Gehirnwäsche zu unterziehen, wie es der britische Minister erklärte.
Die britische Entscheidung kam als Ergänzung zu den Präzedenzfällen in Deutschland, die die strafrechtliche Verfolgung und den anschließenden Prozess gegen Taha Al-Jumaili, einem ehemaligen Mitglied der Terrororganisation IS, Ende 2021 ins Rollen brachte. Ihm waren Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen im Rahmen eines Völkermords sowie die Versklavung einer ezidischen Frau zusammen mit ihrer Tochter im Jahr 2015 vorgeworfen worden. Der Kläger legte gegen das Urteil jedoch Berufung beim Bundesgerichtshof in Frankfurt ein, der jedoch den Antrag ablehnte und das Urteil gegen Al-Jumaili erneut bestätigte.
Die Relevanz der Entscheidung
In diesem Zusammenhang beschrieb Nayyaf Shammo, Ko-Präsident der Selbstverwaltung der Stadt Şengal, die britische Entscheidung als human. Er erklärte ferner, dass dies den lang erwarteten Schritt darstelle, der den humanitären Charakter der britischen Regierung offenbar. Er bekräftigte, dass mit diesem Schritt rechtlich bei der Strafverfolgung profitiert werden könne, insbesondere was die Verfolgung solcher Verbrechen und derjenigen, die diese begangen haben, angeht. Darüber hinaus wurde eine Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft zu diesem Zweck bestätigt.
Shammo fügte in seiner exklusiven Erklärung gegenüber „Target“ hinzu, dass das, was der ezidischen Bevölkerung durch den IS widerfahren sei, zweifellos ein tragischer Völkermord sei. Gleichzeitig prangerte er den Rückzug der Peschmerga-Truppen kurz vor dem Beginn der Gräuel aus der Region Şingal ohne jeglichen Widerstand oder Konfrontation an und führte an, dass die Eziden den Terroristen gnadenlos ausgeliefert waren.
Der kurdisch-irakische Politiker erwähnte weiter, dass es sich tatsächlich um einen organisierten Rückzug der Streitkräfte der Peschmerga gehandelt habe, und es scheine, als sei dieser entweder im Einvernehmen mit dem IS oder einer anderen Partei erfolgt; Daher würden die Peschmerga-Truppen die Verantwortung für den Völkermord, der gegen das ezidische Volk begangen wurde, tragen.
Die Leiden des ezidischen Volkes
Im Gegenzug erklärte Mahmoud Khoshnaw, ein Führer der Patriotischen Union Kurdistan (PUK), während eines Gesprächs mit der Medienplattform „Target“, dass der Blick auf die Kriminalität des IS und seine Einstufung als Teil dieses Völkermords jede Möglichkeit und jeden Versuch ähnliche Verbrechen in der Zukunft zu begehen, verhindern werde. Darüber hinaus wird es auch die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Terrororganisation stärken.
Er fügte hinzu, dass diese Entscheidung auch dazu beitragen könnte, die Tragödie, die das ezidische Volk heimsuchte, zu lindern, da man es auch als historisches Problem betrachtete. Er brachte dann seine Überzeugung zum Ausdruck, dass Großbritannien bereit sei, diese wichtige Entscheidung im Hinblick auf die Verbrechen zu treffen, die der IS gegen das ezidische Volk begangen habe und seine Einstufung als Völkermord ist in der Tat ein Beweis dafür, dass das Vereinigte Königreich dieses tragische Ereignis in seiner Tiefe begriffen hat. “Der britischen Entscheidung werden dann weitere Formen internationaler Unterstützung folgen, die zumindest das Leid unserer ezidischen Brüder und Schwestern lindern werden, die den abscheulichsten Fällen von Kriminalität und psychischem sowie physischem und geistigem Missbrauch und Übergriffen ausgesetzt waren.”
Khoshnaw erklärte weiter, dass Großbritannien in Zukunft weitere Schritte unternehmen sollte, um den Ehrgeiz der ezidischen Kurden und der Kurden im Allgemeinen zu steigern; Daher sollten diese und andere Themen die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf sich ziehen und jeder sollte diesen Ansatz unterstützen.
Der prominente kurdisch-irakische Politiker drückte auch die Wertschätzung seines Landes für die britische Entscheidung aus und betonte, dass man Großbritannien immer als Teil aller internationalen Bemühungen im Kampf gegen den IS und seine Rolle in anderen Fragen betrachtet habe.
Verurteilung der Terrororganisation
Laut einem Bericht der amerikanischen Website „Voice of America“ werden immer noch mehr als 2.000 Eziden vermisst, zusätzlich zu denen, die schwere psychische Traumata erlitten haben.
Zara Saleh, ein in London ansässiger Analyst für Kurdenfragen, erklärte, dass der britischen Entscheidung Jahre intensiven Drucks seitens der ezidischen Community vorausgegangen seien und erklärte, dass die britische Regierung folglich mehr Ressourcen bereitstellen werde, um zu versuchen, IS-Kriminelle für die Verbrechen, die gegen das ezidische Volk sowie die Kurden und andere ethnische und religiöse Gruppen im Irak und in Syrien begangen wurden, zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Vereinten Nationen erkannten im Jahr 2021 an, dass die Gräueltaten, die der IS an der ezidischen Bevölkerung begangen hatte, einen Völkermord darstellen. Darüber hinaus verabschiedete das amerikanische Repräsentantenhaus im Jahr 2016 während seiner Versammlung eine Resolution, in der anerkannt wurde, dass der IS einen Völkermord an den Eziden und Christen im Irak begangen hatte, und dass der amerikanische Kongress zusätzlich ein Gesetz zu Völkermord, Hilfe und Rechenschaftspflicht im Irak und in Syrien im Jahre 2018 verabschiedet hatte.