Die syrische Lira, Syriens offizielle Währung, ist im freien Fall. In einigen Landesteilen lag der Wechselkurs für einen US-Dollar bei über 13.000 syrische Lira. Noch Mitte Juli lag der Kurs bei ca. 10.500 syrische Lira. Seit Anfang 2022 verlor die Währung knapp 80 % an Wert. Zum Vergleich: Vor dem Bürgerkrieg 2011 lag der Kurs bei 46 syrische Lira.
Zugleich steigt auch die Inflation in einem Rekordtempo. Laut dem US-Ökonomen Steve Hanke beträgt die aktuelle Inflation 211 %, nachdem sie nur drei Tage zuvor bei 188 % lag.
Syrien versinkt immer mehr im Chaos. Dabei wurde nach der Versöhnungspolitik mit der arabischen Welt und der Erleichterung einiger Sanktionen nach dem verheerenden Erdbeben am 6. Februar im Norden des Landes, mit einer leichten Erholung gerechnet. Nicht wenige werfen daher der syrischen Regierung eine miserable Wirtschafts- und Finanzpolitik vor. In einigen Städten, die unter der Kontrolle des Assad-Regimes stehen, zogen Menschen durch die Straßen und demonstrierten gegen die rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation im Land. Im syrischen Parlament in Damaskus wurde eine außerordentliche Sitzung einberufen, um über die ausufernde Lage zu beraten.
Währenddessen schreitet die Verarmung in Syrien rasant voran. Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) leiden derzeit mindestens 12,4 Millionen Menschen in Syrien Hunger, was über 60 % der Bevölkerung Syriens betrifft. Nur in einem Jahr ist die Anzahl um 4,5 Millionen angestiegen. Über 90 % der syrischen Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Mit jedem Fall der Währung und Anstieg der Inflation verschlechtert sich die Lage. Dazu kommt, dass das WFP seine Hilfen für Syrien aufgrund einer “beispiellosen Finanzierungskrise” um 40 % gesenkt hat. Statt 5,6 Millionen Menschen, die auf die Hilfen angewiesen sind, werden nur noch 3 Millionen Menschen beliefert. Dabei seien die Rationen schon reduziert worden.
Die Hungerkrise in Syrien nimmt beispiellose Ausmaße an. Die Hungersnot könnte in kurzer Zeit zu einer humanitären Katastrophe führen. Inmitten dieser Krise schieben währenddessen die Nachbarländer syrische Flüchtlinge nach Syrien ab. Die Türkei startete vor einigen Wochen eine landesweite Kampagne gegen “illegale Migration”. Dabei werden jedoch auch syrische Flüchtlinge abgeschoben, die temporären Schutz genießen. Der Libanon ist ein weiteres Land, das syrische Flüchtlinge in Bussen nach Syrien bringt. Viele dieser Flüchtlinge stehen in Syrien vor dem Nichts.
Die nächsten Konflikte, Krisen und Katastrophen sind in Syrien vorprogrammiert. Während in Syrien eine noch nie dagewesene Katastrophe anbahnt, hält die syrische Regierung und der Verbündete Russland viele Grenzübergange geschlossen, die zumindest für eine Entlastung für viele Menschen im Land sorgen könnte.