Die humanitäre Katastrophe für den Nordwesten Syriens scheint vorerst abgewendet worden zu sein. Am Donnerstag erklärte der syrische UN-Botschafter Bassam Sabagh, dass vom 13. Juli an die Hilfslieferungen der Vereinten Nationen über die Grenze bei Bab al-Hawa wieder aufgenommen werden können. In einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat schrieb er, dass die Hilfslieferungen “in vollumfänglicher Kooperation und Koordination mit der syrischen Regierung” ablaufen müssten.
Zuvor bahnte sich für 4 Millionen Menschen im Nordwesten Syriens um die Region Idlibs eine humanitäre Katastrophe an. So viele Menschen sind nach UN-Angaben auf die Hilfslieferungen angewiesen. Die betroffene Region steht nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Die Hilfslieferungen können auf direktem Wege durch von der Türkei und der Opposition kontrollierte Gebiete in die Region gelangen. Die dominante Kraft in Idlib ist der syrische Ableger der al-Qaida Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), eine Terrororganisation, die unter türkischer Schutzherrschaft sich bis in die direkt von der Türkei besetzten Gebiete verbreiten konnte.
Die Vetomächte im UN-Sicherheitsrat verhinderten bei der Sitzung am Dienstag gegenseitig eine Verlängerung der Hilfslieferungen für den Nordwesten Syriens. Sabagh schrieb, dass die syrische Regierung eine souveräne Entscheidung traf. Am 10. Juli war die Verlängerung für die Hilfslieferungen abgelaufen.
Andere Regionen Syriens erhalten hingegen gar keine oder kaum noch Hilfe. Der einzige offene Grenzübergang bei Tel Koçer/ al-Yarubiyah zu Nord- und Ostsyrien wurde 2020 nach intensiver Bemühung Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat geschlossen. Davon sind mehr als 5 Million Menschen mit Hunderttausenden Binnenvertriebenen betroffen. Nun erlebt die Region zusätzlich eine akute Wasserkrise, da die Türkei vom Norden aus für einige Regionen das Wasser komplett abgestellt und in anderen Orten die Wasserzufuhr verringert hat. Die Türkei bekämpft die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, kurz AANES, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich. Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind keine Seltenheit in der Region. Für die Region bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an, während dieser Teil Syriens zugleich kaum beachtet wird.