Der berühmte Journalist und TV-Editor Merdan Yanardag wurde am Montag wegen “Terrorpropaganda” und “Glorifizieren einer Tat oder Täters” von Antiterroreinheiten der türkischen Polizei festgenommen.
Die türkische Oberstaatsanwaltschaft in İstanbul hatte zuvor kurz nach einer Sendung von Yanardag bei seinem eigenen Sender “Tele 1” Ermittlungen gegen den Journalisten aufgenommen, der einige Tage später aus den Räumlichkeiten seines Senders abgeführt wurde. Yanardag wurde heute dem Richter vorgeführt.
Explizit wird dem Journalisten vorgeworfen, Abdullah Öcalan, den inhaftierten Gründer der PKK, gelobt und damit den Terrorismus glorifiziert zu haben. Dabei hinterfragte Yanardag lediglich die Politik der regierenden AKP in Bezug auf Öcalan. Er sagte basierend auf den Aussagen eines Abgeordneten der AKP bezüglich einer neuer Friedenspolitik, dass die Regierung mit Öcalan vermutlich eine neue Friedensinitiative starten wolle. Er ergänzte aber, dass Öcalan seit Jahren illegal in Isolationshaft und eine Geisel sei, mit dem nun verhandeln würde.
Yanardag sagte in der Sendung: “Keiner weiß, was bei den Verhandlungen angeboten wurde. Kann es so eine Strafjustiz geben? Jeder Häftling hat ein Anrecht auf wöchentliche Telefonate oder Besuche. Er kann weder seine Anwälte noch seine Familie sprechen.”
In den sozialen Medien wurden vor allem die Aussagen, dass Öcalan ein Philosoph und sehr intelligent sei, heftig diskutiert. Während Anhänger der Regierung und andere nationalistische Kräfte ihn für seine Aussagen heftig angingen, sagten unter anderem auch Politiker, dass nach dieser Logik, die AKP-Regierung ihre eigenen Politiker und Sympathisanten verhaften lassen müsse, da sie dieselben Aussagen während des Friedensprozesses getätigt hätten.
Yanardag bezeichnete die Vorwürfe gegen ihn als “Komplott gegen den Sender Tele 1 und über Lügen und falschen Anschuldigungen gestartete Kampagne”. Tatsächlich ist der Sender einer der wenigen oppositionellen Sender der Türkei. Die staatliche Rundfunkbehörde RTÜK sperrte in der Vergangenheit mehrmals den Sender und prüft erneut eine Sperrung.
Yanardags Beispiel ist eins von vielen. Die Türkei fiel noch in diesem Jahr im Ranking zur Pressefreiheit von ‘Reporter ohne Grenzen’ auf Platz 165 von 180 zurück und wird nun in der untersten Kategorie “sehr ernste Lage” aufgeführt. Vor allem kurdische Journalisten sind von der türkischen Willkürjustiz betroffen. Diese Willkürjustiz wurde mit dem sogenannten “Desinformationsgesetz” Ende 2022 gesetzlich verankert, so dass Journalisten zur Selbstzensur genötigt werden. In den letzten Monaten wurden dutzende Journalisten und Medienschaffende festgenommen und zum Großteil verhaftet.
Außer einigen internationalen NGO’s wie Amnesty International oder Reporter ohne Grenzen, schweigt die demokratische Welt angesichts dieser Entwicklungen in der Türkei, während bei anderen Ländern wie China, Russland oder Weißrussland sich die Vertreter der Regierungen sofort zu Wort melden und zur Pressefreiheit mahnen. Dieses Schweigen erschwert die Arbeit von regierungskritischen Journalisten zusätzlich, so dass die freie Berichterstattung in der Türkei von Tag zu Tag weiter demontiert wird. Nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch in Fragen wie der Pressefreiheit scheint die Türkei Narrenfreiheit seitens der westlichen Welt zu genießen. Dabei sind demokratische Werte nicht verhandelbar und sich für diese Einzusetzen sollte für demokratisch verfasste Länder ein selbstverständliches Gebot sein.