Reaktionen aus der Türkei zu den Präsidentschaftswahlen

Die Präsidentschaftswahl in der Türkei endete mit einem Sieg von Recep Tayyip Erdogan mit 52,16 Prozent, wobei sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu auf 47,84 Prozent kam. Mit diesen Ergebnissen verlängerte Erdogan seine 21-jährige Herrschaft um weitere fünf Jahre. Nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse gingen Anhänger von Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf die Straße und feierten in vielen Städten des Landes. Obwohl Erdogan mehr als 52% der Stimmen erhielt, haben die Ergebnisse das Land gespalten, wie sich auch in den ersten Kommentaren der Politiker widerspiegelt.

Erste Reaktion von Demirtas

Der ehemalige Co-Vorsitzende der HDP und Ex-Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtas, der während des gesamten Wahlkampfs in den sozialen Medien an die Wähler appellierte, teilte seinen ersten Kommentar auf Twitter mit: “Ich möchte allen danken, die zur Wahl gingen, die nicht gehen konnten, selbst wenn sie wollten, die die Stimmen schützen wollten, die hart gearbeitet haben. Es ist ein Wunder, diese Stimmenzahl mit prinzipientreuer, ethischer Wahlarbeit gegen eine gewaltige Operationstruppe zu erreichen, die den Staat übernommen hat. Tatsächlich war es keine Wahl, sondern eine gewaltige Operation. Der Wahlprozess war voller großer Ungleichheiten, Druck, unglaublicher Lügen, Verleumdung und Diffamierung. Trotz alledem wollten die Menschen definitiv Veränderungen, aber der ganze Prozess wurde manipuliert. Wir wurden nicht besiegt, und weil wir nicht besiegt wurden, sollte niemand verzweifeln. Gib niemals auf. Kämpft weiter, kämpft weiter, kämpft weiter…”

Hoher Zuspruch für Kilicdaroglu in kurdischen Provinzen

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis ist, dass Kilicdaroglu die meisten Stimmen in Provinzen mit großer kurdischer Bevölkerung erhielt. Auch die Demokratische Volkspartei (HDP) und die Yesil Sol Parti (YSP) betonten dies in ihren Statements zu den Ergebnissen:

“In den 16 Provinzen der kurdischen Mehrheitsregion blieb die Präferenz der Wähler für Kemal Kilicdaroglu gegenüber dem 14. Mai unverändert. Trotz all des Drucks und der schmutzigen Propaganda gab unser Volk nicht nach. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass jeder Zweite in diesem Land Veränderungen fordert. Wir sind hier. Wir werden den demokratischen Kampf für Veränderungen sowohl im Parlament als auch in allen Lebensbereichen weiterführen, wir werden die demokratische Politik ausbauen. Wir werden nicht von diesem Weg abweichen, wir werden gemeinsam auf sozialer Basis kämpfen, wir werden gemeinsam siegen.”

Ein weiteres auffälliges Ergebnis war, dass die meisten türkischen Großstädte für Kilicdaroglu stimmten:
Istanbul:
Kilicdaroglu 51,78 % – Erdogan 48,22 %
Ankara:
Kilicdaroglu 51,23 % – Erdogan 48,77 %
Izmir:
Kilicdaroglu 67,13 % – Erdogan 32,87 %

Kilicdaroglu schwört, den Kampf fortzusetzen

Kemal Kilicdaroglu, der unterlegene Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der Republikanischen Volkspartei (CHP), gab nach Bekanntwerden des Ergebnisses ebenfalls eine Erklärung ab: „Wir haben die unfairsten Wahlen der letzten Jahre erlebt. Alle Einrichtungen des Staates wurden einer Partei, einem Mann gegeben. Ich möchte, dass Sie wissen, dass der Hauptgrund für meine Traurigkeit die viel größeren Probleme sind, die das Land erwartet. Ich möchte, dass Sie wissen, dass wir die Ersten sein werden, die sich diesen Problemen stellen. Wir werden den Kampf fortsetzen, bis die Demokratie wiederhergestellt ist. Ich habe eine Bitte von Ihnen, unterstützen Sie den Kampf für die Demokratie.“

Erste Bemerkungen vom extrem rechten Spektrum

Bahceli, Chef der rechtsextremen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), gratulierte Erdogan und fügte hinzu: “Von nun an ist die Zukunft das türkische Jahrhundert, die Zukunftsmacht ist die Türkei. Das 100-jährige Jubiläum der Republik Türkei wurde gekrönt”.

Sinan Ogan, ein rechtsextremer Politiker, der in der ersten Runde als Präsidentschaftskandidat kandidierte und in der zweiten Runde Erdogan unterstützte, bezeichnete die kommende Periode als “neue Ära”: “Die Gewinner sind türkische Nationalisten, Atatürkisten, die türkische Nation und die türkische Welt. Die Verlierer waren terroristische Parteien mit einer Lynchkultur und diejenigen, die ihnen vertrauten.“

Ein weiterer rechtsextremer Politiker, der sich zu den Wahlergebnissen äußerte, war Ümit Özdag, Vorsitzender der Partei des Sieges (ZP), der Kilicdaroglu bei der Wahl unterstützte: “Erdogan hat gewonnen, aber es ist ein Pyrrhussieg. Er wurde während seines Sieges besiegt. Kurz gesagt, es gibt keinen Raum für Verzweiflung.“

Erdogans Siegesrede

Auch Recep Tayyip Erdogan, der die Präsidentschaftswahl gewonnen hat, sprach zu den versammelten Anhängern aus dem Präsidentenpalast in Ankara. “Die Türkei hat gewonnen”, sagte Erdogan in seiner Rede und fügte hinzu: “Es war ein Wendepunkt in der Geschichte, ein Jahrhundert zu Ende zu führen und ein neues zu eröffnen. Ich hoffe, dass dies ein solcher Wendepunkt in der Geschichte sein wird.“ Dabei bezog er sich auf den 570. Jahrestag der Eroberung vom damaligen Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. In seiner Rede sprach er auch über die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge: “Bisher haben wir die freiwillige Rückkehr von fast 600.000 Migranten in die Sicherheitszonen auf syrischem Boden sichergestellt. Mit einem neuen Projekt sichern wir die Rückkehr von einer Million Menschen in wenigen Jahren. Wir müssen die Forderungen unserer Bürger in dieser Frage erfüllen.“ Erdogan bezog sich auch in seiner Siegesrede auf die Freilassung von Selahattin Demirtas, wie er es in fast allen seiner Reden tut: „Selo ist der Terrorist, der den Tod von 51 kurdischen Brüdern in Diyarbakir verursacht hat. Unter unserer Regierung ist es nicht möglich, ihn freizulassen.“

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