Am 25. April fand die zweite Runde der offiziellen Gespräche zwischen der Türkei und Syrien in Moskau statt. An den Gesprächen, die unter russischer Vermittlung stattfanden und durch den Iran erweitert wurden, nahmen die Verteidigungsminister und Geheimdienstchefs der vier Länder teil. Die Türkei, die sich seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien gegen das Assad-Regime gestellt hatte und inzwischen weite Teile Nordsyriens besetzt hält, sucht wieder die Nähe zum Nachbarland. Am 14. Mai sind Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei. Das Thema Syrien und die syrischen Flüchtlinge im Land spielen dabei eine wichtige Rolle. Fast alle Parteien in der Türkei versprechen eine schnelle Rückkehr der syrischen Flüchtlinge nach den Wahlen. Daher ist es auch im Interesse der türkischen Regierung, diesbezüglich Rahmenbedingungen präsentieren zu können, weswegen es bei den Gesprächen nach schnellen Erfolgen sucht.
Nach dem Treffen in Moskau bestätigte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar das Interesse der Türkei. Er sagte: “Wir teilten ihnen auch mit, dass wir dafür sorgen wollen, dass unsere syrischen Brüder und Schwestern, die wir als Gäste in unserem Land aufgenommen haben, freiwillig, sicher und in Würde in ihre Heimat und ihr Land zurückkehren, indem wir durch unsere Bemühungen ein möglichst positives und stabiles Umfeld und Bedingungen in Syrien schaffen”.
Akar erklärte weiter: “Wir haben stets betont, dass wir die Souveränitätsrechte und die territoriale Integrität Syriens respektieren, dass der einzige Grund für unsere Präsenz in Syrien der Kampf gegen Terroristen ist, dass wir unsere Bemühungen fortsetzen werden, Terroristen zu neutralisieren, und dass dies nicht nur für uns, sondern auch für die Integrität Syriens wichtig ist.” Akar betonte lediglich, dass die Gespräche positiv und konstruktiv gewesen seien und weitere Gespräche folgen würden.
Das syrische Verteidigungsministerium hingegen veröffentlichte eine andere Lesart der Gespräche. In der Erklärung heißt es unter anderem, dass der Rückzug der Türkei aus den besetzten Gebieten Syriens Thema der Gespräche gewesen sei. Ein syrischer Diplomat sprach außerdem zum regierungsnahen syrischen Blatt Al-Vatan und betonte, dass es entgegen der Behauptung von Hulusi Akar keine konkreten oder konstruktiven Schritte in der Normalisierung der Beziehungen gegeben habe. Er sagte weiter, dass der Rückzug der Türkei aus Syrien besprochen wurde und ergänzte, dass es keine Normalisierung geben werde, solange die Türkei aus Syrien nicht abziehe.
Von türkischer Seite gab es diesbezüglich zunächst nichts zu hören. Nun behauptete eine türkische Quelle dem ‘Middle East Eye’ gegenüber, dass ein Rückzug der Truppen aus Syrien nie Thema gewesen wäre und die Türkei stattdessen auf einen gemeinsamen Kampf gegen die YPG beharrt hätte.
Während das russische Verteidigungsministerium ein positives Bild der Gespräche zeichnete, bekundete ein russischer Diplomat gegenüber der arabischen ‘Asharq al-Awsat’, dass man sich prinzipiell über ein weiteres Treffen der Außenminister zum 2. Mai geeinigt hätte. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte noch kürzlich: “Solange es die SDF-YPG gibt, darf man von der Türkei keinen Rückzug erwarten. Ein Rückzug aus Syrien bedeutet, dass die Terroristen an unserer Tür stehen.” Demgegenüber betonte der syrische Verteidigungsminister Abbas: “Nachdem alle ausländischen Kräfte abgezogen sind, können unsere Kräfte die Sicherheit voll gewährleisten.”
Die Türkei unter der AKP-Führung will bis zu den Wahlen schnelle Ergebnisse bezüglich Syrien erzielen. Die Diskrepanz zwischen Syrien und der Türkei ist jedoch aktuell zu hoch. Während die vier Länder in Moskau auch über die Zukunft Syriens verhandeln, geht das Leiden und Sterben in Syrien weiter. Zuletzt starben mehrere Kinder beim Spielen in Nordostsyrien, nachdem ein Überbleibsel türkischer Bombardierungen explodierte.