Das verheerende Erdbeben am 6. Februar in der türkisch-syrischen Grenzregion entwickelt sich zu einer politischen Kehrtwende für den syrischen Machthaber Bashar al-Assad, der sich zunehmend aus der politischen Isolation befreien kann.
Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien 2011 brachen fast alle Länder auf der Welt ihre diplomatischen Beziehungen zu Syrien ab, die Arabische Liga suspendierte die Mitgliedschaft von Bashar al-Assads Syrien.
Doch das Erdbeben scheint zu einem Momentum für Assad geworden zu sein. Viele arabische, aber auch nicht-arabische Staaten, koordinierten die zur Verfügung gestellte Erdbebenhilfe direkt über Damaskus und in Kooperation mit dem Assad-Regime.
Konkreter wurde es, als Assad mit den Besuchen des ägyptischen Außenministers Sameh Shoukry und des jordanischen Außenministers Ayman Safadi zum ersten Mal seit 2011 wieder hochrangige Diplomaten aus diesen beiden Staaten empfing. Assad selbst besuchte kürzlich in einer offiziellen Staatsvisite den Golfstaat Oman, sein erst zweiter Besuch eines arabischen Landes seit 2011.
Am Sonntag wurde Bashar al-Assad gemeinsam mit seiner Frau in Abu Dhabi mit militärischen Ehren von Muhammed bin Zayid Al Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), empfangen. Im Anschluss traf sich Bashar al-Assad mit führenden Vertretern aus den Emiraten. Das Land nahm bereits 2018 wieder diplomatische Beziehungen zu Syrien auf. Nach dem Erdbeben Anfang Februar sendete Abu Dhabi Soforthilfe im Wert von mehr als 100 Millionen US-Dollar nach Damaskus.
“Wir haben konstruktive Gespräche geführt, die die Beziehungen zwischen unseren Ländern erweitern sollen”, sagte der Präsident der Emirate und fügte hinzu: “In unseren Gesprächen haben wir auch geprüft, wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann, um die Stabilität und den Fortschritt in Syrien und der Region beschleunigen zu können”.
Auf Twitter wurde Anwar Gargash, offizieller Berater des Präsidenten der VAE, deutlicher. Er schrieb: “Die Position der VAE in Bezug auf die Notwendigkeit der Rückkehr von Syrien in ihr arabisches Umfeld ist klar. Seine Hoheit Scheich Muhammad bin Zayed hat dies bei dem Treffen mit Präsident Bashar al-Assad bestätigt”.
Damit steigert Bashar al-Assad weiter sein internationales Prestige. Zumindest in der arabischen Welt deuten die Entwicklungen auf eine Normalisierung der Beziehungen hin. Assad bestärkt damit seinen eigenen Anspruch auf Legitimität in der internationalen Politik. Die wegen des Erdbebens gelockerten Sanktionen der westlichen Welt könnten außerdem in der Zukunft zu einem Türöffner werden. Doch es wäre ein fatales Zeichen, wenn nach 12 Jahren Bürgerkrieg und über 600.000 Toten in Syrien die alte Normalität wieder einkehren und akzeptiert werden würde.