Laut Angaben von lokalen syrischen Nachrichtenagenturen arbeitet der türkische Geheimdienst an einer neuen Strategie bezüglich der Zukunft Syriens. Zu diesem Zweck wurde ein Arrangement mit der oppositionellen bewaffneten Gruppe Hayat Tahrir ash-Sham (HTS) erzielt, bei der ausländische Kämpfer von der Region Idlib nach Afrin transportiert werden sollen.
Laut dem Bericht, der sich auf interne Quellen bezieht, fand am 19.09.2022 in einer türkischen Militärbasis bei Atarib im Westen Aleppos ein Treffen von Mitgliedern der von den meisten Ländern der Welt als Terrororganisation eingestuften HTS und Mitarbeitern des türkischen Geheimdienstes MIT statt.
Bei diesem Treffen wurde die Verlegung von 120 ausländischen Kämpfern aus der Region Idlib nach Afrin beschlossen. Dadurch sollen die Frontlinien verstärkt werden und der Druck auf die oppositionellen Milizen, die von der Türkei unterstützt und in der Syrischen Nationalen Armee SNA organisiert sind, verringert werden.
Die Verlegung sollte demnach am 30. September stattfinden. Im Gegenzug für die Kämpfer soll der türkische Geheimdienst der HTS militärische Hilfe leisten und für ihre verletzten Kämpfer sorgen.
Afrin wird hauptsächlich von ethnischen Kurden bewohnt und liegt nördlich von Aleppo. Seit der türkischen Militäroffensive im März 2018 unter dem Namen “Operation Olivenzweig” ist die Region unter türkischer Besatzung. 300.000 Einwohner der Region wurden seitdem vertrieben und werden, wie wiederholte Berichte bezeugt haben, durch ständige Ansiedlung von fremden Menschen und Kämpfern ersetzt.
Zuletzt deckte die syrische Organisation “Syrians for truth and justice” (STJ) ein illegales Siedlungsprojekt in dem unter türkischer Besatzung stehenden Distrikt Jindires bei Afrin auf und veröffentlichte diesbezüglich einen mehrseitigen Bericht. An dem Projekt sind drei humanitäre Hilfsorganisationen, die türkische Besatzungsmacht sowie eine von der Türkei unterstützte syrische oppositionelle Miliz beteiligt. Dabei wurde belegt, dass Kämpfern und Familien von Milizen, die der Türkei unterstehen, Wohnungen und Häuser zur Verfügung gestellt wurden und außerdem ortsfremde Menschen angesiedelt wurden. Nun werden erneut ausländische Kämpfer in die Region verlegt und somit den Worten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags nach dem Verbrechen der “ethnischen Flurbereinigung” Vorschub geleistet.
Die Zahl der ausländischen Kämpfer innerhalb oppositioneller Milizen wird auf 3000 geschätzt. Die meisten stammen aus dem Irak, Usbekistan, den nordafrikanischen Ländern oder aus den Golfstaaten.
Die Entscheidung des türkischen Geheimdienstes, die ausländischen Kämpfer nach Afrin zu verschicken, wurde von einem bilateralen Treffen zwischen dem türkischen Präsident Erdogan und dem russischen Präsidenten Putin im September 2018 begleitet. Bei diesem Treffen wurde beschlossen, dass in der von oppositionellen Gruppen gehaltenen und von der Türkei beschützten Provinz Idlib eine demilitarisierte Zone entstehen soll. Außerdem sollte die Türkei terroristische Gruppen wie die HTS aus der Provinz vertreiben. Doch stattdessen wurde die HTS zur dominanten Kraft in Idlib und ist mittlerweile auch in Teilen Afrins aktiv.
Die Anstrengung, ausländische Kämpfer aus den Reihen des syrischen Ablegers der al-Qaida HTS loszuwerden, wird als ein Versuch gewertet, die Miliz zu entkriminalisieren und gleichzeitig Russland entgegenzukommen, das die Türkei für die Nichterfüllung ihrer Pflichten aus dem Abkommen immer wieder emahnt. Die neuen Kämpfer für die SNA-Gruppen stellen eine erhebliche Gefahr für die lokale Bevölkerung von Afrin dar, die ohnehin schon unter der Besatzung und Fremdverwaltung leiden, denn diese sind durch ihre radikalere Ideologie unberechenbarer als die restlichen Kämpfer in der Region.